Landesarbeitsgemeinschaft Gehobener Sozialdienst im Justizvollzug NRW

Chronik der LAG

Bis zum Jahr 1966 gab es als Zusammenschluss und Interessenvertretung der SozialarbeiterInnen (damals noch „Fürsorger“ genannt), die im Strafvollzug der Bundesländer arbeiteten, nur die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen“. In den 1960er Jahren wurden verstärkt SozialarbeiterInnen neu in den Sozialdienst eingestellt. Die bis dahin übliche Einzelmitgliedschaft in der Bundesarbeitsgemeinschaft reichte daher nicht mehr aus, um eine wirkungsvolle Vertretung der Belange und eine Standortbestimmung der SA/SP im Strafvollzug zu gewährleisten.

Im April 1966 trafen sich daher in Essen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, um diesem Missstand abzuhelfen und eine Landesarbeitsgemeinschaft in Nordrhein-Westfalen zu gründen. Kollege Hans W. Schmidt (JVA Hövelhof) wurde zum 1. Vorsitzenden und Kollege Manfred Möller (JVA Willich-Anrath) zu seinem Stellvertreter gewählt. Schon bald nach der Gründung bildeten sich Bezirksarbeitsgemeinschaften, um die regionalen Besonderheiten und die unterschiedlichen Vollzugsformen besser berücksichtigen zu können. Von Beginn an stand neben der Vertretung der Interessen der SozialarbeiterInnen die sozialpädagogische Mitgestaltung des Vollzuges im Mittelpunkt der Arbeit. Die KollegInnen begleiteten den Wandel des Strafvollzuges von einem Verwahr- in einen Behandlungsvollzug mit. Aus dem Blickwinkel der Sozialarbeit beteiligten sie sich an der Diskussion des Gesetzgebungsverfahrens zum Bundesstrafvollzugsgesetz und dann ebenso an der Umsetzung der Gesetzesvorgaben in den Vollzugsalltag in Nordrhein-Westfalen.

Mit den folgenden Vorsitzenden Ulrich Peters und Klaus Krüger an der Spitze der Landesarbeitsgemeinschaft begleiteten die Kollegen Schmidt und Möller – nunmehr in der Funktion der Fachaufsicht – über viele Jahre die jungen KollegInnen auf ihrem Weg in die Arbeitswelt des Vollzuges. In Kooperation gestalteten LAG und Fachaufsicht arbeitsfeldorientierte und berufspolitische Fortbildung und brachten gemeinsam die ersten Richtlinien für die Sozialarbeit im Vollzug auf den Weg. Die Verantwortlichen der LAG trugen wesentlich zu einer Vollzugsgestaltung bei, in der sich Grundsätze der Sozialarbeit wiederfanden.

Gemeinsam wurde auch die übertarifliche Eingruppierung der angestellten SozialarbeiterInnen und die Aufstiegsmöglichkeiten der verbeamteten KollegInnen bis in die Besoldungsgruppe A 13 konsequent verfolgt. Die Landesarbeitsgemeinschaft hat ihren Namen in den vergangenen Jahren geändert; seit der Mitgliederversammlung vom 18.05.2006 heißt sie „Landesarbeitsgemeinschaft gehobener Sozialdienst im Justizvollzug NRW“.

Entwicklung von Konzepten

In den Jahren nach Inkrafttreten des Bundesstrafvollzugsgesetzes waren es im wesentlichen die KollegInnen der Landesarbeitsgemeinschaft, die Behandlungskonzepte für Sexualstraftäter, suchtmittelabhängige, verschuldete und junge Straftäter entwickelten und in ihren Anstalten umsetzten (siehe Konzepte).

Die Landesarbeitsgemeinschaft beteiligte sich an vollzugspolitischen Diskussionen und leistete Beiträge zu Reformentwürfen von Untersuchungshaftvollzugsgesetz, Jugendstrafvollzugsgesetz, Bundesresozialisierungsgesetz. Sie setzte sich mit Fragen zur Rolle der SozialarbeiterInnen im Justizvollzug, zum Doppelmandat von Behandlung und Sicherheit auseinander und bekannte sich positiv–konstruktiv dazu. In der Folgezeit unterstütze die LAG die KollegInnen, die eine Behandlungsorientierung verfolgten ebenso wie die, die sich zur Übernahme von Amt und Mandat in der Vollzugshierarchie entschieden.

In den 1980er Jahren wies die LAG bereits auf personelle Mangelsituationen  hin, ebenso wie in den darauf folgenden Jahren und bis heute bei der Diskussion um Schlüsselzahlen (AGIP). In den 1990er Jahren gab die LAG den neuen KollegInnen im Arbeitsfeld der Sozialarbeit im Vollzug in den neuen Bundesländern Hilfe und Unterstützung in vielfältiger Form .

Regionalisierungskonzept

Gemeinsam mit Verbänden der freien Straffälligenhilfe wurde ein Konzept zur Regionalisierung des Strafvollzuges – als Initiative zur Verbesserung der Entlassungsvorbereitung – mit viel Engagement entwickelt. Dies wurde, wie viele andere Initiativen zur Reformierung und Verbesserung des Vollzuges, abgewehrt.

Konzept für Behandlungswohngruppen

Auch die Entwicklung von Mindeststandards für Behandlungswohngruppen, Initiativen gegen Behandlungsabbau, Errichtung von Jungtäterabteilungen (in den 1980er Jahren) konnten die Strafvollzugspolitik nicht immer beeinflussen, sondern führten – wenn es unbequem wurde – eher dazu, die Aktivitäten der LAG „offiziell“ zu ignorieren.

Schwerpunkte der Sozialarbeit im Justizvollzug

Als erfolgreiche Beispiele für die Arbeit der LAG sind die Entwicklung, Implementierung und Verfestigung der Behandlungsschwerpunkte Suchtberatung, Schuldnerberatung, Soziales Training, Behandlung von Gewalt- und Sexualstraftätern zu nennen. All diese Schwerpunkte sind auf Initiativen der KollegInnen entstanden.

Die Rolle der Fachdienste im Justizvollzug

KollegInnen beteiligten sich an der Erstellung des Papiers „Rolle der Fachdienste“, das genauer als je zuvor die Aufgaben und Arbeitsplätze, Schwerpunkte der SA/SP und ihre Grundlagen sowie Ziele beschrieb. Heute brauchen wir allerdings dringend eine Überarbeitung und Weiterentwicklung dieser Standortbeschreibung.  Strukturen und Inhalte der Arbeit verändern sich unter gesellschaftlicher Einflussnahme, aber es ist Aufgabe der LAG ihre Position, ihre Standards und Ziele selbständig zu formulieren und in der Arbeit umzusetzen. Daher organisierte die LAG in den 1990er Jahren Fortbildungen zu den Themen Qualitätsmanagement und Controlling.